Hi. Hier geht der Diskussionsfaden, der unter https://discourse.test.opensourceecology.de/t/coins-und-rating-von-commits-grundlagendiskussion/652/1 von Timm und mir begonnen wurde, sozusagen als spinn-off weiter, wobei es in diesem Thread um die Gestaltung, Designs-Aspekte und die grundlegende (mögliche) Struktur einer solchen alternativen Währung für den Einsatz im OpenSourceHardware-Entwicklungsbereich im speziellen und den Sinn und Nutzen für eine neue OpenEconomy im allgemeinen geht. Der Name wäre daher „OpenEconomy Coin“ oder kürzer „OpenECoin“.
Es folgt ein Auszug aus einer Telegram-Diskussion, die wir sinvollerweise hier ins Forum verlegt haben.
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Es steckt aber wie gesagt irgendwie in den Köpfen aller (auch der Beteiligten) drinne, das OpenSource immer gleichgesetzt wird mit " für umsonst".
Und das sollte man meiner Meinung nach tatsächlich ruhig mal aufbrechen und ändern, denn wenn es stattdessen als „normal“ gelten würde, dass OpenSource tatsächlich wertvolle Arbeit darstellt und dass die Entwickler auch irgendwovon leben müssen, dann hätte das u.a. zwei große Vorteile:
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Ein Entwickler könnte sich halt den ganzen Tag um seine Projekte kümmern anstatt dies nur in der Freizeit zu tun und ansonsten noch irgendwie seinen Lebensunterhalt generieren zu müssen.
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Wäre dies ein erster und wichtiger Schritt hin zu jener OpenEconomie, von der wir immer gerne reden und die wir als Grund und tiefere Ursache bzw. Zweck für die Existenz und die Arbeit von OSE definieren.
Ich habe aus diesem Grunde mal damit angefangen, ein Paper zu machen, in welchem ich beschreiben möchte, wie ich mir eine optimale OpenSource-Currency, welche ich „OpenEconomy Coin“ oder „OpenECoin“ nenne, vorstelle.
Beim Online-Talk mit Lex habe ich gemerkt, dass dieser überhaupt nicht kapierte, worauf ich hinauswollte, was aber vielleicht auch daran lag, dass es schon spät war und ich keineswegs richtig darauf vorbereitet war, auch wenn ich im Geiste die Sache schon ganz klar vor mir sah, aber ich hab halt nur über irgendwelche Teilaspekte gelabert und konnte nicht das Gesamtbild rüberbringen.
Deshalb habe ich beschlossen, sozusagen aus didaktischen Gründen erst mal damit anzufangen, eine List von Requirements für die OpenECoins aufzustellen, um aufzuzeigen was das überhaupt für eine Art von Währung sein sollte und was das Besondere daran wäre, denn , soviel war klar, das hatte quasi rein gar nix mit seinem „OSE coin“ Entwurf zu tun, beide Sachen zielen auf völlig unterschiedliche Dinge ab und basieren auch auf ganz anderen technischen Voraussetzungen. Seine OSE coins zielen eher in die Richtung, die Du auch eingangs angesprochen hattest, also etwa auf eine zusammenhängende Entwickler community wie eben OSE Dev, und der Zweck ist auch eher, so wie Du sagtest, auf spielerische Weise etwas die Motivation zu erhöhen, indem man einen kleinen Obulus bekommt, aber es ist dabei nicht das Ziel, Entwicklern den kompletten Lebensunterhalt zu finanzieren.
Bei mir hingegen gehts schon darum, eine neue Währung zu kreieren, die aber auch speziell auf den OpenSource Bereich ausgerichtet ist und helfen soll, eine OpenEconomy anzustßen. Dabei fliessen bei mir noch viele ältere Modelle und Überlegungen ein, die ich schon jahrelang im Kopf habe und die sich eher an typischen Regio-Geld Projekten orientieren. Letztere sind typischerweise local eng umgrenzt, also etwa auf ein Dorf oder eine Stadt begrenzt, also halt regional. Mein Ansatz hingegen möchte versuchen, diese geographische Regionalität durch eine Art „virtuelle Regionaliät“ zu ersetzen, welche sich etwa durch OpenSource-Entwicklertätigkeit definiert.
Ein typischer Anwendungsfall wären dabei unsere alten Ideen hinsichtlich des UniProKit. Indem sich an geografisch verteilten Orten in OpenEcoLabs, welche eine unterschiedliche Ausstattung haben, Spezialisierungen auf bestimmte Bauteile oder Bauteil-Bereiche des UniProKits herauskristallisieren, so dass der eine dieses herstellt und er andere jenes und wir diese Teile untereinander austauschen, würden wir eine Art virtuelles FabLab kreieren. Die OpenECoins wären dabei dann einfach die Währung, welche den Warenaustausch unterstützt und begleitet, ohne das man deswegen anfangen müsste , etwa in Stunden oder so zu rechnen (obwohl die ja im Preis durchaus enthalten sein können). Ausserdem können damit natürlich auch andere Arten von Leistungen, wie zB. die oben erwähnten „Ausschreibungen“ durch OSE, oder eben auch strukturelle bzw. Vereins-Arbeiten honoriert werden. Denn immerhin gibt es in diesem Bereich ja auch oft Sachen, die eher unspektakulär und öde sind, die aber wichtig sind für die Infrastruktur und somit allen nutzen.
Platt gesprochen könnte man damit auf einfachem Wege mit UniProKit-Bauteilen für Serveradmin-Arbeitsstunden bezahlen selbst wenn der Serveradmin gar keine Verwendung für UniProKit-Bauteile hat … eben die ganz normale Funktionalität einer jeden Währung, den Austausch von Waren und Leistungen zu vereinfachen.
Im Grunde könnte man sowas auch in Euro machen, aber das wäre halt zum einen einbischen anrüchig (warum ? siehe oben: Alle Arbeiten die was mit OpenSource zu tun haben, haben gefälligst umsonst zu sein), aber damit würde man halt das alte knappheitsbasierte und profitorientierte kapitalistische System bedienen, wohingegen dies eigentlich der ideale Nährboden und damit die optimale Einstiegssituation ist, um sich in Richtung OpenEconomy bzw. ressourcenbasierte post-scarcity-Ökonomie zu bewegen.
Abermals plattgesprochen: Den Euro und Dollar mag man (derzeit noch) nutzen, um damit am regulären Markt teilzunehmen und damit halt industriell erzeugte Produkte zu erwerben. Mit dem OpenECoin würde alles vordergründig eigentlich genauso ablaufen, aber mit drei wesentlichen Unterschieden:
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Die Produkte die man damit erwerben würde, basieren auf OpenSource-Bauplänen (deren Entwicklung und Bereitstellung ja per Definition das ziel von OSE ist).
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Man wirkt damit dem alten Geld- und Finanzsystem und seinen Machenschaften entgegen welche einzig und allein auf die Umverteilung des Reichtums von unten nach oben abzielen und dabei die Umwelt zerstören.
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Man unterstützt damit Strukturen der (nachhaltigen Eigen-)Produktion durch Einzelpersonen oder lokalen Gruppen und schafft somit lokale Wirtschaftskreisläufe.
Für den Fall dass es Dich interessiert häng ich hier mal mein begonnenes Paper mit an, allerdings ist es noch ziemlich am Anfang, d.h. nebst einigen Definitionen enthält es erstmal nur die Requirement-Stichwortliste. Nächster Schritt wäre, diese noch im einzelnen näher zu erläutern um dann dazu überzugehen zu beschreiben, wie die neu Währung technisch realisiert werden soll/kann.
Grundlagenpapier „OpenECoin requirements“ : https://wiki.opensourceecology.de/images/4/4b/Openecoin-requirements.pdf
Dazu sollte man sich unbedingt als erstes das folgende Video ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=CU8OCx_MO4E
Ein ganz wichtiger Effekt bei der Sache: Leute, die bislang von sich der Meinung sind das sie nichts sind und nichts können, fangen an darüber nachzudenken, was sie selbst vielleicht produzieren oder an Dienstleistungen anbieten könnten. Denn irgendetwas kann jeder
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Dazu noch als weitere Ergänzung ein paar Bücher von Prof. Margrit Kennedy (die in dem o.a. Video ebenfalls Stellung nimmt und den Minuto als einzigartig bezeichnet) , einer ausgewiesenen Expertin zu diesm Thema und Authorin von Büchern wie
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„Occupy Money“, englische Version komplett: www.kennedy-bibliothek.info/cx-content/uploads/bibliothek/GeldbuchEnglisch.pdf
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Auszug aus „Occupy Money“, deutsch: margritkennedy.de/media/occupy_money_dt_mk_lepro_100.pdf
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„Wirtschaft ohne Wachstum“, deutsch www.kennedy-bibliothek.info/cx-content/uploads/bibliothek/WirtschaftOhneWachstum.pdf
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„Die Zwischengesellschaft“, deutsch www.kennedy-bibliothek.info/cx-content/uploads/bibliothek/DieZwischengesellschaft_NeuesGeld.pdf
und noch diesen praktischen Leitfaden von Anna-Lisa Schmalz:
- „Kommunale Währungen“, deutsch: monneta.org/wp-content/uploads/2015/04/KommunaleWaehrungen-24.07.2013.pdf
Diese Liste kann im Laufe der Zeit noch ergänzt werden.
Gruss, Oliver