Hallo an Alle,
dann will ich mal der Anregung von Aron folgen und eine erste Einschätzung posten: theTractor
GVCS-Maschine : Tractor
1) Verwendungszweck laut GVCS-Plan
Nutzung als landwirtschaftlicher Traktor für alle Arbeiten auf einem landwirtschaftlichen Betrieb
2) Stand der Realisierung
Seit längerem in Entwicklung, mehrere Versionen von Prototypen sind gebaut worden, aktuell ist die Version Lifetrac4 in Entwicklung/Produktion
3) Kurzbeschreibung der Maschine
Traktor wurde realisiert als Vierradtraktor, Antrieb der Räder durch Hydromotoren. Bis einschliesslich Version 2 wurde der Traktor mit Knicklenkung gebaut, ab Version 3 entfiel die Lenkung, Steuerung jetzt durch skidsteering.
Der Antrieb erfolgt durch Hydrostatik, Drucköl wird erzeugt durch 2 Powercubes, Leistung je um die 27 PS. Bremsen wurden nicht vorgesehen, Abbremsung erfolgt durch Umsteuerung des Antriebs auf Rückwärts. Die Räder sind bereift mit Pickup-Reifen, zur Zugkrafterhöhung wurde ein primitives Kettenlaufwerk entwickelt, was mangels Abstützung über die ganze Länge der Ketten jedoch den Bodendruck nicht oder nur kaum verringert, dient offenbar im wesentlichen zur Verbesserung der Traktion.
Dreipunktkraftheber und Zapfwelle fehlen vorne und hinten.
4) Positive Merkmale
4.1) Traktor ist sehr einfach konstruiert und sein Bau erfordert keine Metallwerkstatt mit sehr umfangreicher Ausrüstung, auch bedingt dadurch, dass Hauptkomponenten wie Benzinmotor, Hydraulikpumpe, Hydromotoren, Ventile, also die gesamten Antriebskomponenten, fertig zugekauft werden.
4.2) Da der Antrieb durch 2 Powercubes erfolgt, die leicht ausgewechselt werden können, ist die Behebung von Schäden an Motor oder Hydraulikpumpe kurzfristig durch Auswechslung möglich. Auch können die Powercubes leicht entnommen und für andere Zwecke verwendet werden, wenn der Traktor nicht benutzt wird. Traktor ist auch mit einem Powercube noch fahrbereit, allerdings mit deutlich verringerter Geschwindigkeit und Zugkraft.
5) Negative Merkmale des Designs
5.1) Der aus Quadratrohren gebaute Rahmen macht einen wenig stabilen Eindruck. Die Rohre erscheinen für das Traktorgewicht ausreichend dimensioniert, die Verbindung der Rohre in den Rahmenecken durch eine mittig angebrachte einzelne Schraube ist sehr mangelhaft, da diese Art der Verschraubung keine grossen Kräfte und noch weniger Momente übertragen kann. Obwohl keine statische Berechnung in Form von FEM o.ä. vorliegt, bezweifle ich die Haltbarkeit des Rahmens bei hartem Einsatz über längere Zeit.
5.2) Die Art der Lenkung durch Abbremsen der Räder auf einer Seite ist weder für Feldarbeit noch für Strassenfahrten geeignet. Auf Ackerland wird so am Vorgewende bei jedem Wendevorgang der Boden seitlich weggeschoben und ein sehr unebenes Vorgewende hinterlassen. Auf Wiesen ist diese Art der Lenkung, erst recht in Verbindung mit den Stahlketten auf den Rädern, zerstörerisch für die Grasnarbe.
Die Beherrschbarkeit eines Fahrzeugs mit skidsteering bei höheren Geschwindigkeiten auf der Strasse ist kaum/nicht gegeben; Skidsteering dürfte ein KO-Kriterium beim Versuch einer Strassenzulassung dieses Traktors werden.
5.3) Der Traktor verfügt weder hinten noch vorne über eine standardmässige Dreipunkthydraulik, so dass eine Nutzung fast aller existierenden landwirtschaftlichen Geräte unmöglich ist. Ein nachträglicher Anbau eines solchen Krafthebers hinten dürfte an der Bauform des Rahmens und der Einbaulage der Powercubes an der Rückseite scheitern. Auch ist der Traktor durch Antriebselemente und Fahrerposition bereits etwas hecklastig, so dass die Nutzung von Dreipunktgeräten im Heck ohne erheblichen Frontballast problematisch erscheint.
5.4) Der Traktor verfügt über keine Zapfwellen, eine Nutzung angetriebener Geräte ist also unmöglich, falls diese nicht hydraulisch angetrieben werden (ist selten).
5.5) Das Fehlen von Bremsen beeinträchtigt die Betriebssicherheit und wird eine Strassenzulassung verhindern. Abbremsung durch Umsteuern der Hydrostatik ist kein akzeptabler Ersatz. Auch fehlt eine Feststellbremse zum sicheren Abstellen des Traktors.
5.6) Eine Anhängekupplung im Heck fehlt, vor einem nachträglichen Einbau erscheint eine Verstärkung des Rahmens im Heck erforderlich.
5.7) Die Konstruktion der Radaufhängung und des Antriebs ist mangelhaft und hier sind bei den Prototypen schon vermehrt früh Schäden aufgetreten. Generell ist diese Komponente nicht steif genug konstruiert und mit zu grossen Toleranzen gefertigt.
5.8) Ein grundsätzlicher Fehler der Konstruktion ist, das eine Anpassungsmöglichkeit der 4 Räder an unebenes Gelände fehlt. Andere Traktoren haben stets bei Achsschenkellenkung eine pendelnde Aufhängung der Vorderachse, während Knicklenker im Knickgelenk vertikal und in der Längsachse gelenkig gebaut sind. Dieser Mangel führt zu einem Hoppeln des Traktors über unebenes Gelände, weil immer nur 3 Räder Bodenkontakt haben und verschlechtert damit auch die Traktion.
5.9) Die Wahl der Bereifung und das primitive Kettenlaufwerk erscheinen kritikwürdig. Die Benutzung von abgenutzten Pick-Up Reifen ist auf öffentlichen Strassen nicht legal (abgefahrene Reifen sind auf einem Traktor genauso verboten wie auf einem Pickup). Mit solchen Reifen bleibt der Traktor auch schon auf einer feuchten Wiese mit durchdrehenden Rädern stecken, wenn die Ketten nicht montiert sind.
Befahren von Strassen mit diesen Stahlketten ist nicht möglich, ein Auflegen und Abnehmen der Ketten am Feldrand nicht praktikabel.
Generell werden Traktoren mit Kettenlaufwerken in der Landwirtschaft heute selten verwendet wegen diverser Nachteile. Auch die (Ex-Caterpillar) Challenger Traktoren mit ihrem Gummi-Bandlaufwerk werden von Landwirten kritisiert wegen dem heftigen Gewühle beim Drehen am Vorgewende.
5.10) Die Verwendung von 2 kleinen Benzinmotoren wird zusammen mit dem schlechteren Wirkungsgrad der hydrostatischen Kraftübertragung zu deutlich höheren Treibstoffkosten führen im Vergleich zu einem Traktor mit Dieselmotor und mechanischer Kraftübertragung.
5.11) Hohe Reparaturkosten für die Verbrennungsmotoren sind zu erwarten. Während ein grosser Dieselmotor im Traktor als Faustregel circa 5000 Betriebsstunden erreicht, bis eine aufwendige Motorüberholung erforderlich wird, ist bei den kleinen Benzinmotoren der Powercubes mit deutlich kürzerer Lebensdauer zu rechnen. Bis zum Erreichen von 5000 Betriebsstunden wird ein Lifetrac eine Reihe von Motoren bereits verschlissen haben. Da immer 2 Motoren verwendet werden, würde ich schätzen, dass bis dahin 2x2 oder 2x3 Benzinmotoren verschlissen worden sind.
5.12) Ergonomie und Sicherheit des Fahrers wurden weitestgehend missachtet. Es fehlt ein ordentlicher Sitz, ein Rahmen zum Schutz des Fahrers bei einem Überschlag (ROPS) und generell eine Plattform für den Fahrer.
Ein Schutz des Fahrers vor dem Lärm der recht lauten Powercubes ist nicht vorhanden.
5.13) Trotz der von FeF angestrebten Fertigung des Traktors ohne grosse Werkstattausrüstung, insbesondere Werkzeugmaschinen, ist eine Drehbank und Ausrüstung zum Ziehen von Passfedernuten erforderlich. Für die von FeF jetzt angestrebte Verwendung von Hydromotoren mit Keilwellenabtrieb wäre sogar Ausrüstung zum Herstellen von Keilwellen und Keilnaben erforderlich. Im Rahmen einer Verbesserung der Fertigungsqualität (siehe Abschnitt 6) wird ebenfalls erheblich mehr an Werkstattausrüstung erforderlich werden als dies derzeit von OSE zugegeben wird.
6) Fertigungsqualität
6.1) Generell ist die Qualität der Herstellung auf unterstem Qualitätsniveau, teilweise noch darunter. ZB werden die Radnaben auf der Achse zentriert nach Augenmass, je nach Augenmass des Schlossers kann das einen netten Höhenschlag eines Rades ergeben.
6.2) Zur Radlagerung werden jeweils 2 zugekaufte fertige Flanschlager verwendet. In diesen sitzt die Radwelle ohne weitere Bearbeitung. Die Toleranzen von gezogenem Rundmaterial liegen aber weit ausserhalb der bei Kugellagern üblichen und von den Lagerherstellern angegebenen Toleranzen der ISO-Qualitäten IT 5 oder 6. Dies lässt eine recht kurze Lebensdauer der Lager erwarten.
6.3) Hochbelastete Gelenke für den Frontlader wurden als Paarung ungehärteter Stahl mit ungehärtetem Stahl ausgeführt, eine Schmierung nicht vorgesehen. Auch hier ist hoher Verschleiss eingebaut.
6.4) Ein Korrosionsschutz für Metallteile wird von FeF nicht angebracht.
7) Zusammenfassung
Das Design erscheint ungeeignet als landwirtschaftlicher Traktor, allenfalls erscheint eine Verwendung als kleiner Radlader oder mobiles Hebezeug möglich. Die Fertigungsqualität der bisher bei FeF gebauten Lifetracs liegt deutlich unter industriellen Standards.