Ok, hier mein Kommentar dazu, den ich aus der Telegram-Diskussion hier rüberkopiere. (Anmerkung: ein paar Punkte haben sich inzwischen schon geklärt, aber ich poste das hier noch mal vollständig, der Nachvollziehbarkeit halber.)
Also, vorab mal eben was mir als Kritikpunkt dazu einfällt: Die Sache mit der Bewertung des Mehrwerts durch die Community. Ich versteh zwar den Sinn dahinter zu verhindern, das jemand zwar nominell viele Stunden klopft aber dabei eigentlich nur i.d. Gegend rumdaddelt und sinnloses Zeug produziert (siehe „Beamten“ ). Aber, bei der Community, im Sinne von „Publikum“ seh ich das ganz große Problem (nicht zuletzt auch aufgrund meiner Facebook Erfahrungen und allg. Szene-Kentnisse) das diese ganz stark dazu tendiert, irgendwelche Hype-themen zu favorisieren, die zwar irgendwie putzig sind und meist einen spektakulären Effekt dabei haben, aber entweder in der Substanz banal, oder gar völlig sinnlos sind und vor allem den Blick auf wirklich wichtige Dinge (die aber eben nicht so leicht eingängig sind oder Hype-Charakter haben) versperren.
Nimm zB. diese komischen Bienenstöcke mit dem Wasserhahn dran, aus dem dann Honig fliesst. Ich hab mich darüber neulich mal mit nem Imker drüber unterhalten, der die auch kannte, aber sein Urteil war eher vernichtend. Der Effekt dabei ist der wasserhahn und ja, es hat auch irgendwas mit Bienen zu tun, von denen man ja weiss, dass die bekanntlich gefährdet sind und irgendwie wichtig für die Umwelt … also muss das wohl ne gute Sache sein. Im Grunde ist sowas das Äquivalent zu „Populismus“ nur halt nicht i.d. Politik sondern im OpenSource Bereich
Sowas wie die Zink-Luft Zelle würde dagegen jederzeit gnadenlos den mega-kürzeren ziehen, obwohl das, falls es funktioniert, nichts geringeres ist, als die Lösung des Energie-Problems der Menschheit (halt saisonale Speicherung). Aber das würde beim Publikum halt keinen Hering vom Teller ziehen, weil da eben kein Wasserhahn dran ist aus dem Honig fliesst Stattdessen ist das etwas was Otto-Normal-User nicht im mindesten kapiert (,oder sagen wir mal, was sich ihm von selbst (und am besten gleich auf einen Blick) erschliesst,) ehe er dazu nicht eine halbstündige ausführliche Einführung/Erklärung bekommen hat, die sich aber wahrscheinlich die wenigsten anhören mögen. Hab das ja selbst oft genug auf der MakerFaire durchexerziert Der typische Interessent für dieses Projekt ist ein rund 45-jähriger Familienvater und Eigenheimbesitzer, der auf das Stichwort „saisonale Speicherung“ anspringt, aber ansonsten eher keiner (Fussnote: darum versuche ich ja das Thema ein bischen hype-mässig aufzuhübschen, wobei ich mir eine Schlagzeile in der Art vorstelle: „Erste Brennstoffzelle, die aus dem 3D-Drucker kommt“ oder sowas.)
Etwas günstiger in dieser Hinsicht ist dagegen der Ansatz, der neulich bei OSE-Dev vorgeschlagen wurde, im Zusammenhang mit dem Duniter System (http://opensourceecology.org/wiki/OSE_Coin , siehe dabei vor allem den absatz mit dem universal basic income). Es geht zwar aus der Wikiseite nicht so richtig klar hervor, aber ich hab danach lange mit Lex, dem Author, darüber diskutiert, und der Knackpunkt ist folgender: Es geht dabei um die Verteilung von zB. Spendengeldern, innerhalb der Entwickler-Community. Das Geld wird zwar zu gleichen Teilen innerhalb der Gruppe verteilt, aber die anderen Entwickler (Deine Peers) bewerten Deine Arbeit und damit sicherst Du, bei entsprechend guter Bewertung, Diene Zugrhörigkeit zu dieser Gruppe an welche die Ausschüttung erfolgt. Oder so ähnlich, aber jedenfalls erfolgt die Bewertung hier nicht durch das Publikum, sondern Community meint hier die Entwickler-community, welche mithin näher an den Themen dran sind, eine bessere Einsicht bezügl der tatsächlichen Bedeutung dieser Themen haben, und natürlich auch einen bessren bzw. hautnaheren Einblick darein haben, wer innerhalb der Gruppe wirklich was bewegt und leistet, und wer nur Mitläufer ist.
Das würde wahrscheinlich zu einer deutlich gerechteren Bewertung führen als beim zwar interessierten aber dennoch sachfremden Publikum. Und die Sache ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, denn bei ungerechter Bewertung würde es sehr schnell dazu kommen, das die Motivation bei den Entwicklern die wirklich was leisten (auch wenn das nicht so vom Publikum wahrgenommen wird) die Motivation ruckzuck in den keller geht und die irgendwann die Faxen dicke haben und sagen leckmich, tschüss. Das wäre also ziemlich kontraproduktiv
Aber auch dieses System finde ich persönlich nicht so dolle, weil ich davon ausgehe, dass es problematisch werden wird, wenn ein Entwickler, der meinetwegen 30 Stunden die Woche kloppt genausoviel bekommen soll, wie einer, der nur 6 Stunden macht … soviel kreative Brillianz, um das auszugleichen kann eher keiner ständig/kontinuierlich produzieren.
Insofern finde ich die Stundenzahl als Maßstab schon gar nicht so verkehrt und wenn ich einfach mal voraussetze, dass bei OpenSource-Entwicklern per se eher keine Beamtenmentalität/Parasitentum zu erwarten ist, dann wäre es nicht nur da sgerechtere System, sondern auch irgendwie neutraler, im Sinne der Objektivität.
Allerdings ist es gar nicht weiter zwingend notwendig, die reinen Stunden als Grundlage zu nehmen, sondern die könnten einfach nur eines von mehreren Kriterien sein, zusammen mit den anderen angsprochenen Kriterien wie dem „Publikumsgeschmack“ und der „Genalität/Schöpfungshöhe“. Indem man nämlich eine Art Coin-Währung erschafft, die als objektiver *Maßstab" für OpenSource-Arbeit/Leistung dienen kann, während hingegen die Bewertung selbst schlicht und einfach durch das reine „Marktgeschehen“, sprich durch Angebot und Nachfrage sich von selbst regelt.
Damit hättest Du alle Vorteile: Keine Debatten über Ungerechtigkeit, auch das Publikum hätte sozusagen einen gewichteten Anteil daran, Brillianz und Genalität aber ebenso aiufgrund hoher Nachfrage, und selbst das „unverstandene Genie“ hätte die Möglichkeit sich sozsuagen frei gegen den Markt zu entscheiden und etwas zu entwickeln, von dem klar ist dass es kein Hype-Thema ist, aber vielleicht langfristig ein Erfolg sein kann.
Auch bräuchte sich kein Entwickler Gedanken darüber zu machen, ob er innerhalb seiner Stunden etwas wertvolleres leistet als jemand anders … sondern er kann einfach einen Stundensatz für sich festlegen, der dann entweder am Markt akzeptiert wird, oder nicht.
Wobei das auch gut in umgekehrter Richtung funktionieren würde: Institutionen wie OSE könnten quasi Ausschreibungen für bestimmte Arbeiten oder Aufgaben rausgeben, wobei dann der gebotene Tarif vielleicht nur ein zehntel eines „normalen“ Stundensatzes betragen würde, aber damit würde halt dem Grundgedanken der „Volunteers-Arbeit“ Rechnung getragen (es wäre also moralisch ok), nur das halt die Volunteers trotzdem einen kleinen Obulus und damit einen Anreiz bekämen - im Gegensatz zur momentanen Situation, wo sie gar nix bekommen.
Das muss man nämlich an dieser stelle vielleicht mal betonen und unterscheiden: Nur weil es sich um OpenSource-Projekte handelt, erscheint es allen Beteiligten auch völlig normal, das sie für Ihre Arbeit nix bekommen … das ist aber bei Licht betrachtet eigentlich völliger Unsinn, denn OpenSource bedeutet per Definition ja eigentlich nur, dass hinterher die Baupläne frei verfügbar sind, nicht mehr und nicht weniger und es gibt vor allem im Software-Bereich Trillionen Beispiele, wo wichtige OpenSource-Software etwa von bezahlten Mitarbeitern großer Firmen massgeblich (mit)entwickelt wurde.
Das also die OSE-Dev Entwickler für umsonst arbeiten, hat also genaugenommen gar nix mit OpenSource zu tun, sondern ist per Definition einfach nur Volunteer-Arbeit für die Factor-E-Farm bzw. Marcin J., bzw. OSE als Institution. Also quasi eher sowas, wie wenn bei der Pilzfarm Rahden Wwoofer arbeiten.
Es steckt aber wie gesagt irgendwie in den Köpfen aller (auch der Beteiligten) drinne, das OpenSource immer gleichgesetzt wird mit " für umsonst".
Und das sollte man meiner Meinung nach tatsächlich ruhig mal aufbrechen und ändern, denn wenn es stattdessen als „normal“ gelten würde, dass OpenSource tatsächlich wertvolle Arbeit darstellt und dass die Entwickler auch irgendwovon leben müssen, dann hätte das u.a. zwei große Vorteile:
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Ein Entwickler könnte sich halt den ganzen Tag um seine Projekte kümmern anstatt dies nur in der Freizeit zu tun und ansonsten noch irgendwie sienen Lebensunterhalt generieren zu müssen.
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Wäre dies ein erster und wichtiger Schritt hin zu jener OpenEconomie, von der wir immer gerne reden und die wir als Grund und tiefere Ursache bzw. Zweck für die Existenz und die Arbeit von OSE definieren.
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OK, erst mal bis hierhin. Es ging dann noch so weiter, das ich näher auf das neue „OpenECoin“ genante System eingehe, aber das werde ich sinnvollerweise wohl besser in einem gesonderten Thread fortführen (siehe https://forum.opensourceecology.de/viewtopic.php?f=59&t=803), so dass dieser Thread hier weiter genutzt werden kann, um den Spiel-Gedanken von Timm weiter zu führen.
Denn trotz meiner Eingangs geäusserten Kritikpunkte schliessen sich beide Sachen nicht gegenseitig aus, sondern können sich ergänzen, zB. indem die ObenECoins quasi als Währung in dem Spiel genutzt werden, ähnlich wie zB. der Linden-Dollar innerhalb von SecondLife.
Gruss, Oliver