Bedürfnisse und Wünsche nach Open Source Technologien

Hallo zusammen,

ich würde hier jede(n) von uns fragen:

  • was sind Deine Bedürfnisse und welche Open Source Technologien würdest Du gerne unterstützen?

z.B. @Oliver, Du wohnst schon auf dem Land. Hast Du schon Pläne für Technologien, die Du in den nächsten 1-3 Jahre brauchst? Außer die Batterien, die Du entwickelst. Oder was wären die Bedürfnisse von Deinen Freunden und Nachbarn da?

Nikolay

Hi Nikolay,


ja, da gäbe es eine Sache.

Ich habs bislang noch nicht vorgeschlagen, da ich mich erst mal um meine aktuellen Projekte kümmern möchte, aber es wäre etwas, was allen Menschen nutzen würde, auch denen in den Städten, aber denen auf dem Lande auch ganz besonders, weil die dort oft sehr große Häuser haben (also z.B.Bauernhöfe).

Wovon ich rede, das wäre eine Maschine oder ein Gerät, mit dem es möglich wäre, z.B. organisches Material, wie Holz, Stroh oder Hanf, ev.auch Altpapier, fein aufzufasern, so dass man damit imstande wäre, sich aus billigen Grundmaterialien Dämmstoffe selbst herzustellen.

Dämmstoffe wie Glaswolle, Steinwolle oder Styropor sind mittlerweile wahnsinnig teuer geworden, ist ja auch klar, bei den stetig steigenden Energiepreisen und den neuen gesetzlichen Vorgaben zur energetischen Sanierung alter Gebäude ist die Nachfrage ja quasi garantiert und man kann den Leuten hier mal wieder fein das Geld aus der Tasche ziehen, denn die Alternative, also ein ungedämmtes Haus, würde bei den steigenden Energiekosten noch teurer werden.

Ich hab neulich für gerade mal 3 qm Steinwolle mit 16cm Dicke 33,- EUR bezahlt. Und wenn man auf dem Lande wohnt und große Häuser hat, dann braucht man sehr große qm-Zahlen bzw. Mengen.

Dämmstoffe wie Glaswolle und Steinwolle sind zudem in der Herstellung sehr Energie-intensiv, man würde mit organischen und nachwachsenden Materialien also auch der Umwelt einen großen Gefallen tun.

Wir kennen dies bereits vom Hanf, der sich inzwischen als Dämmstoff sehr bewährt hat. Leider ist Hanf (und auch fertige Lehm-Mischungen) ebenfalls sehr teuer und eigentlich nur was für gutbetuchte Ökos, die sich die Sache echt was kosten lassen können, das Material ist sogar noch wesentlich teuerer als die umweltschädigenden Dämmstoffe wie Steinwolle. Das ganze scheint mir in gewissen Kreisen fast eine Art Mode-Erscheinung geworden zu sein, daher der hohe Preis und ich glaube, irgendwer verdient sich daran eine goldene Nase. Das geht aber m.E. am Thema vorbei; eigentlich sollten Baustoffe wie Lehm oder organisches Dämmmaterial nur einen Bruchteil der konventionellen Materialien kosten, da sie überall verfügbar sind und nicht so energieintensiv in der Herstellung. Es liegt hier also, wie so oft, mal wieder nur an den verfügbaren Produktionsmitteln und ist somit m.E. ein passendes Thema für OSE.

Ein anderes bereits bewährtes Dämmaterial ist geflocktes Altpapier, wie z.B. ISOfloc. Das Gerät mit dem sowas hergestellt wird, nennt sich „Wirbelstrommühle“ (dabei wird das Altpapier sehr fein zerflockt und beim Mahlvorgang gleichzeitig Borax als Brandschutzmittel und Anti-Schädlingsmittel hinzugefügt, quasi als Imprägnierung) und ich vermute mal es ist sehr teuer und nicht so einfach zu bauen.

Aber organisches Material wie Holz aufzufasern stelle ich mir weniger schwierig vor, man bräuchte einfach nur eine große, schnell rotierende Walze, die mit Nägeln oder Zähnen bestückt ist. Sowas zu bauen sollte nicht ganz unmöglich sein. Und damit könnte man dann vielleicht auch sogenannte Weichholzfaserplatten herstellen, also diffusionsoffene Dämmstoffe, die geeignet sind, um damit und in Kombination mit Lehm eine diffusionsoffene Innendämmung an Fachwerkhäusern zu bewerkstelligen. Bekannte Produktnamen sind hier Pavatex Pavadentro, Conluto und Unger Diffutherm, alles Sachen bei denen man für einen 8cm dicken Dämmstoff locker 30,-EUR und mehr pro qm bezahlen muss. Aber wer ein Fachwerkhaus von innen diffusionsoffen (d.h., ohne Dampfbremse) dämmen will hat keine andere Wahl und muss daher jeden beliebigen Preis akzeptieren. Oder sich das Material halt selbst herstellen :wink:

Ein solches Gerät hätte auch weiterem ökonomische Vorteile: Wenn ich damit genug Dämmstoff hergestellt habe um mein großes Bauernhaus zu einem Niedrig- oder Null-Energie-Haus umzubauen, dann ist das Gerät ja immer noch vorhanden und kann für andere Haus-Renovierer oder Haus-Bauer ebenfalls Dämmstoffe produzieren. Man hätte hier somit sogar eine nette kleine Einkommensquelle und könnte das Grundmaterial wie Holz, Stroh oder Hanf von kleinen Bauern aus der näheren Umgebung beziehen und somit eigene kleine Wirtschaftskreisläufe in Gang setzen.

Wieauchimmer, wer A sagt muss auch B sagen und in Anbetracht, dass das wichtigste GVCS-Prunkstück, die CEB-Press, dazu dient, Backsteine als Baumaterial herzustellen, was vielleicht in der heissen Wüste von Arizona ausreicht um ein brauchbares Haus zu bauen, scheint es mir hier im kalten Deutschland durchaus angemessen und folgerichtig, die CEB-Press um eine Maschine zu ergänzen, mit der man Dämmstoffe herstellen kann.

Soweit meine 5 cents.

Gruss,
Oliver

Nachtrag: Und übrigens, abgesehen von Dämmstoffen könnte man damit auch andere Dinge wie z.B. Verbundplatten herstellen, also sowas wie OSB, Spanplatte oder auch etwas Rigips-ähnliches. Ich hab in Bezug auf letzteres mal mit Mischungen von Lehm und Holzspänen experimentiert und als Ergebnis kam raus, das die Holzspäne zwar ungeeignet waren, aber sobald man etwas faseriges nahm, je länger die Faser desto besser, bekam man ultrastabile Platten raus, die jede Rigipsplatte noch um Längen an Stabilität übertreffen, es war wirklich hochgradig erstaunlich.

Hi Oliver,
einen guten Bedürfnis.

Habe hier angefangen dies zu dokumentieren: http://wiki.opensourceecology.de/wiki/Holzfasermaschine
Input: Hackschnitzel
Funktion: Holz auffasern - eine große, schnell rotierende Walze, die mit Nägeln oder Zähnen bestückt ist.
Output: Holzfaser

Gibt es schon einen Namen für diese Maschine? Ich konnte es nicht finden. Ich habe hier 2 Links dokumentiert:
http://wiki.opensourceecology.de/wiki/Dämmstoffherstellung

Kennen wir Leute, die in diese Richtung arbeiten?

LG, Nikolay

Aus irgendwelchen Faserstoffen (sei es Holz, Papier, alte Textilien, Stroh etc.) Dämm-Material herzustellen und dies auch mit Lehmputz zu kombinieren stellt eigentlich kein Problem dar. Das eigentliche Problem ist dafür eine bautechnische Zulassung zu bekommen. Bei Selbstbauprojekten kann man natürlich darauf pfeifen - aber wenn dann mal was passiert ist der Ärger groß.

Hermann,

Dein Einwand ist berechtigt, aber auch grundsätzlicher Natur, denn er gilt auch für ein Haus das mit CEB-Press-Ziegeln gebaut wurde und auch für Dinge wie den Life-Trac wird man in Deutschland eine entsprechende Zulassung brauchen (wenn auch in dem Fall nicht als Baustoff). Genaugenommen werden viele oder die meisten OSE-Projekte davon betroffen sein.

Wir bzw. speziell OSEG werden also über kurz oder lang nicht umhin kommen, in dieser ganzen Zulassungsthematik eine gewisse Expertise zu entwickeln um tatsächlich auch Zulassungen zu bekommen, oder aber auch Rahmenbedingungen, Hintertüren, Ausnahmeregelungen usw. genau zu kennen, die es uns ermöglichen, die Maschinen trotzdem zu betreiben und zu nutzen.

Ersteres wird aber spätestens dann zwingend notwendig, wenn man Produkte auch wirklich verkaufen möchte. Andererseits besteht damit aber auch ein Potential, die finanziellen Mittel dazu zu erlangen. Desweiteren kommt als Pluspunkt hinzu, dass die Last von mehreren Schultern getragen werden kann, d.h., es ist ein Unterschied, ob eine Einzelperson sich einen Dämmstoff zertifzieren lassen möchte, oder ob es eine größere Gruppe von Leuten oder Teams gibt, die den Dämmstoff auf Grundlage einer gemeinsamen Architektur einer Open-Source-Maschine herstellen wollen.

Ich hab mal ein bischen rumgegoogelt und dabei den subjektiven Eindruck gewonnen, das eine bauamtliche Zulassung sicher nicht ganz einfach ist, aber auch nicht völlig unmöglich oder völlig unerschwinglich. Das ist aber nur meine subjektive Einschätzung, mag sein, dass ich damit falsch liege.

Wieauchimmer, zuständig ist das Deutsche Institut für Bautechnik DIBT, siehe auch

http://www.dibt.de/de/Zulassungen/abZ-Zulassungsbereiche.html

Soweit ich das ganze verstehe hängt der Prüfungsaufwand und die Kosten stark damit zusammen, inwieweit eine Sache bereits anderweitig geregelt oder zugelassen ist, z.B. durch entsprechende DIN-Normen oder durch bereits zugelassene Produkte.

Für Holzfaserdämmstoffe gibts da bereits schon einiges, hier mal ein Beispiel dafür, wie die Zulassung für einen Holzfaserdämmstoff zum einblasen von Steico aussieht:

http://steico.org/download/pdf/products/proof/steico_pruefbescheid_0270.pdf

Wikipedia sagt übrigens zu Holzfaserdämmplatten folgendes:

Sie gehören zu den ältesten industriell hergestellten Naturdämmstoffen und wurden so bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hergestellt.

Und zu Normen und Zulassungen von Naturdämmstoffen allgemein:

Vor allem für eine Reihe von Dämmstoffen auf Basis von Holzprodukten (Holzwolleleichtbauplatte, Holzfaserdämmplatte porös, Holzfaserplatte bitumenhaltig), aber auch für Kokosfasern und Kork existieren einschlägige DIN-Normen. Dämmstoffe, die keiner DIN unterliegen, können eine bauaufsichtliche Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik erhalten. Eine weitere Form der Qualitätssicherung stellen Übereinstimmungzertifikate dar. Diese werden durch Zertifizierungs- und Überwachungsstellen ausgestellt und bestätigen die Übereinstimmung mit den rechtlichen Anforderungen. Nicht zugelassene Dämmstoffe können über Einzelfallentscheidungen zugelassen werden.

D.h., die Chancen stehen hier recht gut, das es schon eine Din-Norm gibt, in der genau festgelegt ist, welche Eigenschaften ein bestimmer Dämmstoff aufweisen muss und wo es auch schon standardisierte Tests bzw. Prüfverfahren zu gibt. Wenn Dein Stoff also diese Eigenschaften erfüllt und für eine gleichbleibende Qualität sorgen kannst, dann schätze ich ist es veilleicht gar nicht so sehr aufwendig ihn zugelassen zu bekommen.

Problematisch dürfte es eher werden, wenn Du mit etwas völlig neuartigem daherkommst, wo die sich erstmal sinnvolle Anforderungen überlegen müssen sowie entsprechende Prüfverfahren entwickeln müssen. Auch dafür kann ich ein Beispiel anführen, d.h., ich glaube das es eines ist, auf jedenfall zeigt es, das auch in solchen Fällen eine Zulassung möglich ist, ich vermute allerdings, das die hierbei wesentlich aufwändiger war.

Beim Fachverband Strohballenbau Deutschland e.V. ( http://fasba.de )
kann man sich eine bauamtliche Zulassung für sogenannte „Baustrohballen“ runterladen :wink:

http://www.downloads.fasba.de/oeffentlich/pruefzeugnisse/z-23.11-1595(2009).pdf

Ich schätze mal, dass die einige Verenkungen veranstalten mussten, ehe sie das bekommen haben. Einfach weil es bislang unüblich war, aus Strohballen Häuser zu bauen und diesbezüglich keinerlei Normen und Vorschriften existierten.

Ich könnte mir vorstellen, das das bei Holzfaserdämmstoffe einfacher ist, weils da schon etliche Produkte gibt und das auch schon recht lange. Aber das ist wie gesagt nur eine persönliche EInschätzung, alle Angaben ohne Gewähr :wink:

Gruss, Oliver

Oliver und Alle, ich würde Euch bitten solche wichtige Infos im Wiki zu dokumentieren.
z.B. http://wiki.opensourceecology.de/wiki/Holzfasermaschine#Zulassung

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